Mit euch allen, will ich sein

Ich weiß, dass es nicht so weiter gehen kann. Nicht für mich und nicht für viele andere, die sich bis an den Rand des Möglichen arbeiten. Ich mach es freiwillig und weil es nötig ist. Aber echt, es ist eine andere Welt nötig.

Mein Shout out an alle, die nicht wegschauen und an Lösungen interessiert sind, die nicht die Menschenwürde, den Respekt und die Solidarität über Board werfen. An alle, die nicht nur daran glauben, dass es Alternativen gibt, sondern täglich daran arbeiten.

An alle, die für einander Sorge tragen, jemanden in den Arm nehmen, in eine Decke wickeln und nicht zu viele Fragen stellen. An alle, die noch wütend sind und ihren Zorn gegen oben und nicht gegen unten richten.

An alle, die wissen, dass sie viel zu lernen und zu verlernen haben. Die ihre Sichtweisen radikal ändern, aber immer ihren moralischen Kompass dabei haben. An alle, die den Platz frei halten für ungehörte Stimmen und zuhören, um mehr zu verstehen.

An alle, die wissen, dass es um alles geht, die keine Angst vor der Komplexität der Zeit haben. An alle, die mit ihrer Radikalität die richtigen Fragen stellen. Mit euch allen, will ich sein.

Nekrophilie der Macht

Nekrophilie der Macht und am Ende in Kauf genommen sein. Ein Thread zur Not. Wendigkeit.

Was wir heute in Kauf nehmen, in Kauf nehmen, haben wir weit von uns weggeschoben. Wir versinken im Glauben an einen jugendlichen Führer, der ohne Rücksicht auf Verluste Gewinne auf Kosten vergeudbarer Leben einkassiert.

Aber er ist damit nicht allein, das in Kauf nehmen, in Kauf nehmen von Menschenleben ist nicht nur eine Frage an den Fluchtrouten durch Wüsten oder Meere, sondern auch eine, die viel näher, als uns recht ist.

2,9 Mrd hat Deutschland Zinsgewinne an der Krise in Griechenland gezogen, die direkt damit verbundenen Toten der zusammenbrechenden Gesundheitsversorgung sind anderswo gezählt, wenn überhaupt.

64.000 Menschen starben in der sogenannten Opium-Krise allein im Jahr 2016 in den USA. Zum Vergleich starben im gesamten Vietnamkrieg etwas mehr als 58.000 US-Soldaten. Die Profiteure der verschreibungspflichtigen Medikamente sind bekannt.

Der “War on Drugs” hat die größte Gefängnispopulation in der Geschichte der USA eingebracht, nur sitzt nicht das Management der Pharmaindustrie im Gefängnis, sondern schwarze und braune User_innen und Kleindealer.

In Mexiko ist ein Terror ausgebrochen, der seit Jahrzehnten die Zivilbevölkerung und insbesondere Frauen zum Opfer hat. Hat jemand mitgezählt?

Dieselabgase und Feinstaubbelastung führen in Deutschland jährlich zu 65.000 Toten. Autokonzerne sind in einem der größten Betrugsskandale verwickelt, wieviele Tote nehmen sie für ihre Boni in Kauf? Egal, ab jetzt wird wieder mit der Schulter gezuckt.

Europäische Sommer sind so heiß geworden, dass insbesondere ärmere Pensionist_innen an den Belastungen sterben. Die Erderwärmung vor der eigenen Haustür stört wenig in klimatisierten Gebäuden jene, die es sich leisten können.

2003 sterben 70.000 Menschen infolge von Überhitzung und Dehydrierung in Europa, am meisten betroffen sind die Städte Paris und Moskau.

Die Kriminalisierung von Obdachlosen in Ungarn wird die Betroffenen in die letzten Winkel des Landes treiben. Um dort in eisigen Wintern unbemerkt und ungezählt zu verrecken.

Wir nehmen es solange in Kauf, bis wir selbst verkauft sind.

Die Profiteure dieser Tage haben ihren Gewinn auf Leichen gebaut. Klingt nach Waffenindustrie und natürlich auch sie.

Wir nehmen es in Kauf, bis wir selbst verkauft sind, solange wir nicht verstehen, dass der Todestrieb auf unsere Kosten ausgelebt wird. Die Kriminalisierung von Hilfe, wie sie in Orban’s Ungarn dieser Tage von statten geht, sollte uns in die ethische Empörung treiben.

Wir befinden uns in der größten ethischen Krise seit Ende des 2. Weltkrieges, in der ein Nekro-Kapitalismus alle moralischen Standards auslöscht. So nah an unserer Haut, wie schon lange nicht mehr.

Denn wir haben es in Mitteleuropa in dieser existenziellen Intensität nicht mehr erlebt, wir haben die geschundenen Körper an den Grenzen unserer Wahrnehmung in Kauf genommen. Wir haben dies lange Zeit geübt und verinnerlicht.

Wir sind eine ethische Krise. Auch du.

Wir müssen dies verlernen und die Fragen, die Verzweiflung und Ohnmacht in ethische Organisierung wandeln. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass wir es können.

Warum, weil wir es im August 2015 einfach getan haben. Weil es geschah, kann es wieder passieren. So wie der Faschismus wieder passieren kann, kann sich auch Widerstand formieren. Die Entscheidung liegt bei jeder_m Einzelnen von uns.

Go fight the Power!

Nachwort:
„Es ist keineswegs so, daß Trauer das Ziel der Politik ist, doch ohne die Fähigkeit zu trauern, verlieren wir diesen geschärften Sinn für das Leben, den wir brauchen, um der Gewalt entgegenzutreten.“ Judith Butler, Gefährdetes Leben (2005)

 

Der Illegalisierung den Prozess machen

Muss mal wieder einen thread loswerden und der Illegalisierung den Prozess machen.

Weiß jemand von euch, wann genau der Spruch “Kein Mensch ist illegal!” erstmals eingesetzt worden ist? Jedenfalls beschreibt er ein sehr aktuelles Phänomen, den Prozess der Illegalisierung von Migration und Flucht.

Migration, egal ob freiwillig oder unfreiwillig passiert, hat es immer gegeben und war immer Gegenstand staatlicher Regulierung. Diese Regulierungen schaffen gerade in den letzten Jahren neue Formen der illegalisierten Körper, die zu manchen Grundrechten in Kontrast stehen.

Es gibt das Menschenrecht eines Jeden einen Asylantrag zu stellen, in jedem der 147 Länder, die der Konvention beigetreten sind. Um dieses Rechtsanspruch zu unterbinden werden Menschen auf der Flucht scheinbar kriminalisiert.

Das Framing, das auch unser BK Kurz gerne benutzt, ist “illegale Migration”, jedoch gibt es für Menschen auf der Flucht kaum die Möglichkeit legal in ein Land wie Österreich einzureisen um Asyl anzusuchen.

Als etwa die Entführungen und Folter von schwulen Männern in Tschetschenien bekannt wurden, versuchten verschiedene Stellen Innen- wie Außenminister dazu zu bewegen, humanitäre Visas auszustellen, damit Asylanträge in Österreich möglich würden. Njet.

Die Geflüchteten aus Syrien und dem Irak, die offiziell auf der Balkanroute von Land zu Land weitermarschierten, um das deutsche Angebot der Aussetzung der Dublinverordnung in Anspruch zunehmen, wurden in ihrer Grenzüberschreitung wiederum rückwirkend illegalisiert.

Die Festung Europa ist die schändliche Konsequenz, die Aushebelung der GFK ihr Resultat und der Türkei-Deal ihre Praxis.

Das Ziel ist die Beschränkung der möglichen EU-Staaten, in denen überhaupt Anträge angenommen werden. Diese illegale Auslegung der Grundrechte wird möglich, weil Staaten Gesetze schaffen, die es ihnen erlauben Rechte einzuschränken bzw. die in Anspruchnahme zu unterbinden.

Die Entwicklungen in Ungarn schlagen dem Ganzen jetzt den Boden aus. Der Regierung reicht die Kriminalisierung von Geflüchteten nicht mehr, jetzt geht es um die Kriminalisierung von Hilfsorganisationen.

Zur Erinnerung, es gibt für Menschen auf der Flucht aufgrund der gesetzlichen Zustände kaum Möglichkeiten in die EU legal einzureisen. Es gibt kaum Visa, kein Botschaftsasyl, kaum Resettlement- oder Relocationprogramme.

Orban will jetzt alle Organisationen und Einzelpersonen, die illegalisierten Geflüchteten helfen ein Jahr ins Gefängnis werfen.

Ich weiss nicht genau, wie hoch der Anteil der illegalisierten Asylwerbenden in Österreich genau ist, aber ich würde sagen, fast alle. Trotzdem haben sie ALLE das Recht einen Asylantrag zu stellen.

Die Kriminalisierung von Unterstützung soll dazu beitragen, dass Geflüchteten der Mut genommen wird, auf ihr Recht zu bestehen. Eingebettet ist das Gesetz in der Fortsetzung antisemitischen Hasses indem es StopSoros genannt wird.

Perfide, denn hier schließt sich der Kreis nocheinmal, das Schließen von Fluchtrouten und die Illegalisierung von Menschen, wie sie zB. durch den Entzug der Staatsbürgerschaft der jüdischen Bevölkerung durch die Nazis geschehen ist.

Das zur Warnung, nicht zum Vergleich.

Nationalismus hat diesen Kontinent schon mehrmals ins Unglück gestürzt, “Ungarn zuerst!”, “Deutschland den Deutschen!” England, Polen, Österreich, Frankreich, schwarze Milch – wer wird dich diesmal trinken?

Unterstützt und folgt dem , sie haben den im Thread zitierten Gesetzesentwurf übersetzt.

Erinnerungskultur: Gestern – Heute – Morgen

https://twitter.com/matahari_etc/status/999592427253100544

Ein paar schnelle Gedanken zu Demokratie und Erinnerungskultur in Anwesenheit zur Migration Gezwungener.

Wir sollten uns angesichts der demokratischen Krise, in der wir uns befinden, überlegen warum es wieder den Ruf nach dem starken Mann gibt, warum Führerkult wieder gesellschaftsfähig geworden ist und wie aktuelle Erinnerungskultur im Kampf dagegen hilfreich sein könnte.

Die Zustimmung zur Demokratie sinkt, vielleicht gerade weil wir das Glück haben in einer langen Phase des Friedens zu leben. Gleichzeitig steigt die Zahl der antisemitischen wie rechtsextremen Übergriffe massiv an.

Es stellt sich die Frage, wo beginnt ?

Wir leben in einer Migrationsgesellschaft mit Schüler_innen, die vielfach andere Bezüge zur Zeitgeschichte herstellen als Schüler_innen, deren Urgroßeltern am Nazi-Regime teilgenommen haben oder ihre Opfer wurden.

Zu wenig wird etwa auf die Geschichte des 2. Weltkrieges am Balkan oder in der Türkei eingegangen. Korrigiert mich, Lehrer_innen an NMS, aber wo wird etwa Ustaša und die türkische Kollaboration mit den Nazis als Stoff behandelt?

Anders als mit den Generationen freiwilliger Migration stellt sich die Frage, wie erinnern mit den Neuangekommenen aus Kriegsgebieten, die vor faschistischen Terrorregimen, wie dem IS geflohen sind oder vor den Taliban aus Afghanistan?

Die Frage “Was hat das mit mir zu tun” stellt sich in diesem Kontext anders und ist schmerzlich aktuell. Wir müssen uns als postnazistische Gesellschaft dieser unangenehmen Frage zu wenden und könnten auf zweierlei Ebene demokratiepolitisch gewinnen.

Wir könnten in Konfrontation mit den Verfolgungserfahrungen Geflohener erkennen, dass auch wir verletzlich sind und verletzen können. Wir könnten in solidarischer Auseinandersetzung erfahren, was der Verlust des Rechtes auf ein sicheres Leben bedeutet.

In Frieden leben ≠ selbstverständlich

Umgekehrt könnten Neuangekommene mit unserer Konsequenz aus der Tätergeschichte Österreichs erkennen, dass Grundrechte zu verteidigen sind. Dass Verfolgung aufgrund religiöser, homophober, politischer, … Gründe zum größten menschlichen Terror unserer Geschichte führten.

Dass wir keine Intoleranz dulden werden.

Leider sind wir selbst weit davon entfernt und wir gehen in die falsche Richtung. Dennoch bin ich der Meinung, dass gerade jetzt die Zeit ist, nicht nur mit Jugendlichen, sondern auch mit Erwachsenen Auseinandersetzungen zu den jeweiligen Zeitgeschichten zu führen.

Menschen, die vor faschistoiden Regimen geflohen sind, können sehr wohl Verbindungen mit unserer Zeitgeschichte herstellen und somit könnte auch neuem Antisemitismus entgegen gewirkt werden.

Dass es umgekehrt noch nicht so klappt, ist spätestens seit der Köhlmeier Rede bekannt.

Zwei Hinweise, die Sendung “Und was hat das mit 2018 zu tun?” von , die diesen Thread inspiriert hat und das Projekt “Und was hat das mit mir zu tun?” von trafo-k

Ich bin überzeugt, dass gerade demokratiepolitische Kunst- und Kulturvermittlung einen wichtigen Beitrag leisten könnten, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Frieden zu stärken. Dafür braucht es bildungspolitische Einsätze. Ist da jemand?

A shrimp in the synagogue

Going to the chapel. Ein Rant über “Verfolgt. Verlobt. Verheiratet. Scheinehen ins Exil”

Auf Vernissagen geht mensch meist weniger um eine Ausstellung zu sehen. Neben dem Inhalt der Eröffnung lockt das Ansinnen Freund_innen wieder zu sehen, zu netzwerken und ein Glas zu trinken.

In Zeiten, da Regierende nicht unterscheiden können zwischen verweigerter Fluchthilfe und Nazitäterschaft ist eine Ausstellung zum Thema Schutzehen erstaunlich und begrüßenswert.

Die Ausstellung “Verfolgt. Verlobt. Verheiratet. Scheinehen ins Exil” zeigt eine der vielen Strategien auf, mit denen Verfolgte versuchen ihr gefährdetes Leben zu retten. http://www.jmw.at/de/exhibitions/verfolgt-verlobt-verheiratet-scheinehen-ins-exil

Erstaunlich und zum Ärgernis einiger Anwesender gereichte jedoch die Einladungspolitik des jüdischen Museums. Der Vertreter des Sponsors Raiffeisen meinte wohl auf die Frage seiner Frau hinweisen zu müssen, was denn die Bank mit Scheinehen zu tun habe. Nämlich nichts.

Tu felix Austria nube… Nie gehört? Oder vielleicht Raiffeisen traditionell im bäuerlichen Milieu nie etwas von arrangierten Ehen gehört? Schein-, Schutz-, Zwangsehen haben immer nur die anderen. Natürlich.

Chuzpe hatte dann aber wirklich Herr Sobotka, der in einer Reihe von ÖVP Innenminister_innen direkt verantwortlich für die Verschärfungen sowohl im NAG (Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht) als auch im Asyl- und Fremdenrecht ist.

Mit salbungsvollen Worten sprach er über die durch solidarische Eheleute geretteten Juden und Jüdinnen. Was würde er wohl zu Annoncen wie diesen sagen, würden sie heute in einer österreichischen Zeitung erscheinen?

“Mata, du kannst doch nicht schon wieder heute mit gestern vergleichen!” Oh dear, es geht nicht um Vergleiche. Niemand konnte 1938/39 wissen, dass die Nazis die industrielle Vernichtung der jüdischen Bevölkerung Europas durchsetzen würden.

Aber nicht nur die unmittelbar Betroffenen konnten sehr wohl sehen, dass es um ein konkretes Leben, um ein konkretes gefährdetes Leben ging. Es geht nicht um vergleichen, es geht wie auch beim Schließen von Fluchtrouten, um Konsequenzen aus der Geschichte der Shoa.

Das Erschweren von Schutzehen ist der “Verdienst” von Innenminister_innen wie Sobotka, der es sich nicht nehmen ließ, zwischen jenen solidarischen Menschen eine Grenze zu ziehen, die für die Eheschließung Geld nahmen und jenen, die es sich leisten konnten, dies nicht zu tun.

Dieser Sobotka, ÖVP darf ungestört bei einer Vernissage im jüdischen Museum sprechen, in einer Ausstellung, die zB. die Geschichte von Hilde Meisel erzählt, einer Widerstandskämpferin, die einen schwulen Schotten heiratete.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In ihrem Fall hatte womöglich der solidarische Künstler John Olday ein Interesse daran als heterosexuell zu gelten, umgekehrt gab es für lesbische und schwule Jüd_innen überhaupt keine andere Möglichkeit zu einem Schein zu kommen außer über eine Schutzehe.

Reden wir doch mal über Scheinbeziehungen, die bis heute von ÖVP und FPÖ Politiker_innen eingegangen werden, um ihre Homosexualität zu verbergen. In einer Situation, in der es nicht um Schutz, sondern um pure Macht geht.

Dieser Sobotka, höchster Repräsentant des österreichischen Parlaments, jener ÖVP, die sich gerade in Koalition mit der FPÖ befindet, darf also zum Thema Schutzehen eine Ausstellung im jüdischen Museum eröffnen. Uns gereichten leider nur offene, erstaunte Münder.

Oder wie es ein jüdischer Freund formulierte: “It’s like bringing a shrimp to the synagogue!”

Vor dem Dialog

Warum ein Dialog mit der FPÖ nicht in Mauthausen beginnen kann…

Wenn wir heute der Befreiung Mauthausens gedenken, dann sollte dies mit einer Haltung der unerschütterlichen Anerkennung der historischen Verantwortung passieren.

Einer Verantwortung, die geprägt ist von Trauer und Konsequenz, Trauer, über die menschliche Niedertracht, die unsere Vorfahren des Nazi-Regimes in diesem Land möglich gemacht hat und gegenwärtliche Konsequenz der schmerzhaften Auseinandersetzung mit dieser Geschichte der Tat.

Die FPÖ ist weit von dieser unerschütterlichen Anerkennung und Konsequenz entfernt und kann genau deshalb nicht glaubwürdig, ja würdig an einem Ort wie Mauthausen gedenken.

Die FPÖ hätte als direkteste Nachfolgerin der Nazi-Parteigänger eine weit aus größere Hürde der Auseinandersetzung zu überwinden. Nur sie liefert nicht, im Gegenteil, sie ist bis heute ein Sammelbecken der Ewiggestrigen.

Nun meinen viele, man solle Dialog mit der FPÖ führen und diese zur symbolträchtigen Befreiungsfeier einladen. Nur die Feier an sich ist kein Dialog, sie ist ein zuallererst Gedenken an die Ermordeten und die Überlebenden.

Um rein theoretisch in diese Form der würdigen Anerkennung eintreten zu können, müsste die FPÖ konsequent und folgenreich ihre Geschichte und Gegenwart aufarbeiten. Erst am Ende stünde die mögliche Teilnahme an einem Staatsakt, wie dem oben genannten.

In diesem Sinne mögen manche Dialoge führen, ich bin konsequenterweise für die Selbstauflösung der FPÖ.

Opferdiskurs reloaded

https://twitter.com/matahari_etc/status/993044493610962944

Opferdiskurs reloaded. Was geht ab im ORF?

  verkommt heute, textlich vom ORF gestützt, zur Sendung für einen neuen Opfer-Diskurs “Wir-sind-die-neuen-Juden!” der FPÖ. Eigentlich kann ich es immer noch nicht fassen, wie sowas möglich ist.

Aber die Ankündigung des ORF ist sehr deutlich

Screenshot vom Link
Es ist die Rede davon, dass mit der Regierungsbeteiligung an sich eine Aussöhnung anstünde und die FPÖ doch endlich zu den Befreiungsfeierlichkeiten nach Mauthausen eingeladen werden solle.

Sie werden von den Texter_innen des ORF zu “Opfer” eines seit den 1960er Jahren anhaltenden Ausschlusses stilisiert, ein Ausschluss, der doch in Zeiten der Vizekanzlerschaft überdacht und mit der Dialogbereitschaft der Überlebenden und ihren Nachkommen belohnt gehörte.

“Hat die FPÖ ihre Vergangenheit genug aufgearbeitet”, fragt der ORF weiter in einer Zeit, wo Andreas Möller offenherzig zu gibt, dass die sog. Historikerkommission der FPÖ ein Ablenkungsmanöver war.

Die FPÖ hat ihre Gegenwart nicht im Griff, geschweige denn ihre Vergangenheit. Sie ist in Kontinuität die Lebenslinie einer menschenverachtenden und undemokratischen Ideologie, die auf Deutschtümelei und Herrenmenschen-Konstrukte basiert.

Sie liefert jeden Tag Beweise dafür, egal ob Jüd_innen wieder einmal für Weltverschwörungstheorien herhalten müssen, Teile der Bevölkerung als Höhlenmenschen bezeichnet oder mit Tieren verglichen und aus den KZ Befreite als Landplage tituliert werden.

Die Medien und Portale der FPÖ sind Dreckschleudern, die in ihrer Sprache jeglichen Respekt vor den eigentlichen Opfern des Nazi-Regimes vermissen lassen und du, ORF willst eine Aussöhnung herbeischreiben? Die Liste der Einzelfälle ist zu lang für diese Dummheit.

In meiner Fantasie taucht manchmal eine Zukunft auf, die das Erinnern und das im vollen Bewusstsein der historischen Verantwortung betreibt. Eine zutiefst an der unteilbaren Würde ALLER Menschen orientierten Gesellschaft.

Verantwortung für das Gestern zu übernehmen heißt Antworten für heute zu finden, angesichts der Shoa und nicht in Ablenkung von ihr.

PS: Mit Respekt hat der Vizekanzler nichts am Hut. Beispiel sein Besuch von Yad Vashem mit der Kopfbedeckung einer deutschnationalen Burschenschaft.

https://lindwurm.wordpress.com/2010/12/23/wenn-strache-yad-vashem-besucht/

Working Class Heroine

How to Kill a Working Class Heroine Twice

Um die symbolische Ordnung aufrecht zu erhalten, braucht es in einer Gesellschaft der Väter exekutierbare Exempel, die diese Ordnung wieder und wieder herstellen.

Die Kunst der Herstellung dieser symbolischen Ordnung liegt zum einen in der Verschleierung dieses Prozesses und zum anderen in der Anrufung langteiliger Ketten kollektiver Erinnerung.

Eine dieser Effekte finden wir gerade in der mehrfachen Bestrafung der nomadischen, weiblichen Arbeitskraft aus den EU-Ländern des Ostens. (Oder soll ich sie besser Frauen* aus den Kronländern nennen?)

Diese sind Frauen* der Wende, sie sind noch im Kommunismus geboren und mit der sogenannten Wende großgeworden. Sie kannten teils noch die staatlich verordnete Gleichberechtigung ebenso wie die damit einhergehende Negierung der Mehrfachbelastung.

Sie sind im Turbokapitalismus erwachsen geworden und zum Markt gegangen als die Arbeitsplätze der Männer verschwanden, obwohl Erwerbstätigkeit der Frau* nicht mehr Staatsdoktrin war. Aber jemand musste das Geld verdienen und mit der “weiblichen” Pflegekraft ging das.

Diese Frauen* werden nun im Namen der väterlichen Gerechtigkeit bestraft, ihr Einkommen gekürzt, der Ziehsohn Wolfgang Schüssel’s (wir erinnern uns an die undokumentierte Pflegerin) vollzieht nun die Anpassung der Kinderbeihilfe an das jeweilige Land, in dem die Kinder wohnen.

Die Ordnung, die wieder hergestellt werden soll, ist die der Mütter, die bei ihren Kindern bleiben. Die Ordnung, in der der männliche Westen den weiblichen Markt im Osten erobert und nicht umgekehrt.

Es ist noch viel mehr. ZB. jene Übertragung des schlechten Gewissens westlicher Frauen* nicht in der (unbezahlten) Pflege der eigenen Familie aufzugehen und im Zuge dessen die Frau* aus dem Osten als Rabenmutter zu diffamieren.

Die neue Gerechtigkeit ist das alte Patriarchat, das auf den Rücken ökonomisch marginalisierter Frauen* doppelten Mehrwert auspresst. Heute mag zwar Tag der Arbeit sein, morgen jedoch ist ein weiterer Tag der wiederkehrenden symbolischen Ordnung.

https://derstandard.at/2000079006171/Anpassung-der-Familienbeihilfe-fuer-Kinder-im-EU-Ausland-im-Ministerrat

Hammer und Nägel

Wie wir gut mit unseren Metaphern leben und andere zu Grunde gehen.

Letzte Woche habe ich erstmals das Wort “Asyltourist” in einem negativen Bescheid eines unbegleiteten Jugendlichen aus Afghanistan gelesen.

Im Tourismusland Österreich.

Immer öfter werden Negativ-Metaphern erzeugt, die nicht mehr mit der ursprünglichen Konnotation der Wörter einhergehen. Denn werden gewisse Sprachbilder zu oft verwendet, nutzt sich ihre Sprachgewalt ab. Wie etwa das Wort “Missbrauch”.

Nicht dass diese Missbrauchsverknüpfungen völlig aus dem Sprachgebrauch verschwinden, sie bleiben im Repertoire der Diffamierung.

Irgendwann tauchten diese Diffamierungen im neuen Gewand auf, diesmal als Touristen. Der Sozialtourismus geistert schon länger durch die Politiklandschaft, der Asyltourist war mir bisher weniger geläufig.

In beiden Fällen wird suggeriert, dass es einfach ist, als Fremde in das Sozialsystem einzuwandern, oder als Jugendlicher eine Abenteuerreise aus Kunduz nach Europa zu unternehmen. Eigentlich ist es lächerlich, aber…

Sprache frisst Realität auf.

Wir sind nicht vernunftbegabt, rationale Wesen, die mit Fakten allein zu überzeugen wären. Die Verdrängung der grausamen Realität der Welt in der wir leben, machen Beruhigungsmetaphern so verführerisch.

Wir wollen uns nicht vorstellen, wie es einem 15-Jährigen geht, der auf der Flucht ist. Wir wollen noch kurz der Fantasie nachhängen, dass ein unbeschwertes junges Leben möglich wäre.

Wir können uns nicht entscheiden, ob wir die verschollene Kindheit betrauern, oder den Mut der jungen Menschen, die ihr nacktes Leben riskieren, bewundern sollen.

Viele dieser Kinder und Jugendlichen verschwinden.

Manche schaffen es bis vor einem österreichischen BFA-Beamten, der aus ihnen einen Touristen macht. “If all you have is a hammer, everything looks like a nail.”

Wir Wegelagerer

Montag-Morgen-Rant: Gegen die Diffamierung von Geflüchteten braucht es endlich wieder Solidarität.

Kickl will, wie im Regierungsprogramm angekündigt, Geflüchteten, die es geschafft haben ihr Erspartes abnehmen und ihre Handy-Daten ausspionieren.

Beim Ausspionieren der Handy-Daten geht es darum, die Fluchtroute und somit die Zuständigkeit festzustellen. Das Dublinabkommen ermöglicht es Staaten wie Österreich ein Großteil der Asylanträge abzulehnen.

Nachdem es kaum legale Weisen gibt in die Festung Europa zu kommen, entstehen immens hohe Kosten, um Fluchthelfer und Schlepper zu bezahlen. Wenn das Geld auf der Strecke ausgeht, dann wird gearbeitet und auch versklavt.

Schon heute tragen wir Kleidung, die von syrischen Kindern in der Türkei genäht worden ist. In einem Land, das ihnen keine Schulausbildung noch eine Zukunft bietet.

Schon heute werden Menschen in Libyen versklavt, Frauen vergewaltigt, um die Kosten der Reise in einem wackeligen Schlauchboot zu bezahlen. Flucht ist nichts für Arme.

Und ja, manche syrischen Geflüchteten war es möglich ihr Konto zu leeren, Autos und andere leicht veräußerbare Dinge zu verkaufen. Manche von ihnen hatten noch Geld übrig als sie in Ö ankamen.

Geld, das vielen fehlt, um zB die Kaution für eine Wohnung zu bezahlen.

Aber anstatt Solidarität innerhalb der EU zu fordern und die Lasten zu verteilen, wird nun versucht, die Last wieder auf jene zu legen, die schon alles verloren haben. Es geht nur um die Diffamierung von Flucht.

Niemand spricht jedoch von den Kosten die entstehen, weil Österreich nach 29 Monaten warten auf einen Asylbescheid, wahnwitzige Entscheidungen trifft, die dann zu 42% nach etwa einem weiteren Jahr wieder aufgehoben werden.

Niemand spricht von den volkswirtschaftlichen Kosten und der gestohlenen Lebenszeit eines Menschen, der hier nicht nur Schutz, sondern auch eine Zukunft sucht.

Diese Menschen werden immer wieder ihrer Würde beraubt. Und wir sind die Handlanger der Wegelagerer, wenn wir dazu schweigen.