Mit euch allen, will ich sein

Ich weiß, dass es nicht so weiter gehen kann. Nicht für mich und nicht für viele andere, die sich bis an den Rand des Möglichen arbeiten. Ich mach es freiwillig und weil es nötig ist. Aber echt, es ist eine andere Welt nötig.

Mein Shout out an alle, die nicht wegschauen und an Lösungen interessiert sind, die nicht die Menschenwürde, den Respekt und die Solidarität über Board werfen. An alle, die nicht nur daran glauben, dass es Alternativen gibt, sondern täglich daran arbeiten.

An alle, die für einander Sorge tragen, jemanden in den Arm nehmen, in eine Decke wickeln und nicht zu viele Fragen stellen. An alle, die noch wütend sind und ihren Zorn gegen oben und nicht gegen unten richten.

An alle, die wissen, dass sie viel zu lernen und zu verlernen haben. Die ihre Sichtweisen radikal ändern, aber immer ihren moralischen Kompass dabei haben. An alle, die den Platz frei halten für ungehörte Stimmen und zuhören, um mehr zu verstehen.

An alle, die wissen, dass es um alles geht, die keine Angst vor der Komplexität der Zeit haben. An alle, die mit ihrer Radikalität die richtigen Fragen stellen. Mit euch allen, will ich sein.

Angesichts

Ich stehe vor dem Bücherregal und bin zu müde, um etwas zu lesen, das konzentrieren fällt schwer. Ich lese die Buchrücken und denke vielleicht etwas Altes wieder zu lesen.

Das Buch, das ich gerade noch in der Hand hatte, finde ich nicht mehr. “100 (oder so) Gedichte ohne Vaterland” Erich Fried. Gedichte könnten sich doch bis zum Ende ausgehen, oder?

Oder doch Kassandra bei der Hand, ungehörte Warnungen aussprechen, mit Horvath die gottlose Jugend wiederfinden und den stürmischen Ast, der ihn erschlagen hat.

Ich atme Trauer ein und aus, den Atem der verwerflichen Körper, die nicht geopfert (Agamben “Homo Sacer”) und nicht begraben (Butler “Antigones Verlangen”) werden dürfen.

Eichmann in Wien, wird dies Buch gerade geschrieben? Ich denke an Kassandra und erinnere mich, dass da ja noch die Bücher in der zweiten Reihe sind.

Ich nehme die dicke Schwarte mit weißem, unbeschriftetem Buchrücken, den tausend Plateaus. Dahinter Brecht.

Ein kleines Etwas, das zuerst wie ein Stück Papier aussieht, fällt zu Boden. Es ist ein Pflaster.

Ob es hilft?