Hammer und Nägel

Wie wir gut mit unseren Metaphern leben und andere zu Grunde gehen.

Letzte Woche habe ich erstmals das Wort “Asyltourist” in einem negativen Bescheid eines unbegleiteten Jugendlichen aus Afghanistan gelesen.

Im Tourismusland Österreich.

Immer öfter werden Negativ-Metaphern erzeugt, die nicht mehr mit der ursprünglichen Konnotation der Wörter einhergehen. Denn werden gewisse Sprachbilder zu oft verwendet, nutzt sich ihre Sprachgewalt ab. Wie etwa das Wort “Missbrauch”.

Nicht dass diese Missbrauchsverknüpfungen völlig aus dem Sprachgebrauch verschwinden, sie bleiben im Repertoire der Diffamierung.

Irgendwann tauchten diese Diffamierungen im neuen Gewand auf, diesmal als Touristen. Der Sozialtourismus geistert schon länger durch die Politiklandschaft, der Asyltourist war mir bisher weniger geläufig.

In beiden Fällen wird suggeriert, dass es einfach ist, als Fremde in das Sozialsystem einzuwandern, oder als Jugendlicher eine Abenteuerreise aus Kunduz nach Europa zu unternehmen. Eigentlich ist es lächerlich, aber…

Sprache frisst Realität auf.

Wir sind nicht vernunftbegabt, rationale Wesen, die mit Fakten allein zu überzeugen wären. Die Verdrängung der grausamen Realität der Welt in der wir leben, machen Beruhigungsmetaphern so verführerisch.

Wir wollen uns nicht vorstellen, wie es einem 15-Jährigen geht, der auf der Flucht ist. Wir wollen noch kurz der Fantasie nachhängen, dass ein unbeschwertes junges Leben möglich wäre.

Wir können uns nicht entscheiden, ob wir die verschollene Kindheit betrauern, oder den Mut der jungen Menschen, die ihr nacktes Leben riskieren, bewundern sollen.

Viele dieser Kinder und Jugendlichen verschwinden.

Manche schaffen es bis vor einem österreichischen BFA-Beamten, der aus ihnen einen Touristen macht. “If all you have is a hammer, everything looks like a nail.”