Erinnerungskultur: Gestern – Heute – Morgen

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Ein paar schnelle Gedanken zu Demokratie und Erinnerungskultur in Anwesenheit zur Migration Gezwungener.

Wir sollten uns angesichts der demokratischen Krise, in der wir uns befinden, überlegen warum es wieder den Ruf nach dem starken Mann gibt, warum Führerkult wieder gesellschaftsfähig geworden ist und wie aktuelle Erinnerungskultur im Kampf dagegen hilfreich sein könnte.

Die Zustimmung zur Demokratie sinkt, vielleicht gerade weil wir das Glück haben in einer langen Phase des Friedens zu leben. Gleichzeitig steigt die Zahl der antisemitischen wie rechtsextremen Übergriffe massiv an.

Es stellt sich die Frage, wo beginnt ?

Wir leben in einer Migrationsgesellschaft mit Schüler_innen, die vielfach andere Bezüge zur Zeitgeschichte herstellen als Schüler_innen, deren Urgroßeltern am Nazi-Regime teilgenommen haben oder ihre Opfer wurden.

Zu wenig wird etwa auf die Geschichte des 2. Weltkrieges am Balkan oder in der Türkei eingegangen. Korrigiert mich, Lehrer_innen an NMS, aber wo wird etwa Ustaša und die türkische Kollaboration mit den Nazis als Stoff behandelt?

Anders als mit den Generationen freiwilliger Migration stellt sich die Frage, wie erinnern mit den Neuangekommenen aus Kriegsgebieten, die vor faschistischen Terrorregimen, wie dem IS geflohen sind oder vor den Taliban aus Afghanistan?

Die Frage “Was hat das mit mir zu tun” stellt sich in diesem Kontext anders und ist schmerzlich aktuell. Wir müssen uns als postnazistische Gesellschaft dieser unangenehmen Frage zu wenden und könnten auf zweierlei Ebene demokratiepolitisch gewinnen.

Wir könnten in Konfrontation mit den Verfolgungserfahrungen Geflohener erkennen, dass auch wir verletzlich sind und verletzen können. Wir könnten in solidarischer Auseinandersetzung erfahren, was der Verlust des Rechtes auf ein sicheres Leben bedeutet.

In Frieden leben ≠ selbstverständlich

Umgekehrt könnten Neuangekommene mit unserer Konsequenz aus der Tätergeschichte Österreichs erkennen, dass Grundrechte zu verteidigen sind. Dass Verfolgung aufgrund religiöser, homophober, politischer, … Gründe zum größten menschlichen Terror unserer Geschichte führten.

Dass wir keine Intoleranz dulden werden.

Leider sind wir selbst weit davon entfernt und wir gehen in die falsche Richtung. Dennoch bin ich der Meinung, dass gerade jetzt die Zeit ist, nicht nur mit Jugendlichen, sondern auch mit Erwachsenen Auseinandersetzungen zu den jeweiligen Zeitgeschichten zu führen.

Menschen, die vor faschistoiden Regimen geflohen sind, können sehr wohl Verbindungen mit unserer Zeitgeschichte herstellen und somit könnte auch neuem Antisemitismus entgegen gewirkt werden.

Dass es umgekehrt noch nicht so klappt, ist spätestens seit der Köhlmeier Rede bekannt.

Zwei Hinweise, die Sendung “Und was hat das mit 2018 zu tun?” von , die diesen Thread inspiriert hat und das Projekt “Und was hat das mit mir zu tun?” von trafo-k

Ich bin überzeugt, dass gerade demokratiepolitische Kunst- und Kulturvermittlung einen wichtigen Beitrag leisten könnten, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Frieden zu stärken. Dafür braucht es bildungspolitische Einsätze. Ist da jemand?